Heute liegt der Tod meines Sam ein ganzes Jahr zurück. Es liegt mir immer noch wie Blei auf der Seele. Noch nie ist mir etwas so schwergefallen, wie diese Entscheidung, die ich treffen musste. Ich sage auch nicht, dass es falsch war, oder ich es bereue. Nein, das sicher nicht. Von dem Kater, der er einmal war, ist am Ende nichts übrig geblieben. Seine Behinderung ließ es nicht zu. Er hatte nicht einmal mehr die Möglichkeit, aufs Bett zu springen, oder aufs Sofa. Nicht einmal mehr die Rampe konnte er benutzen. Er war sozialer als sein Bruder Joschi, der mich heute noch teils wirklich von den Socken haut, so ein liebenswerter Kerl, so verspielt und anhänglich und er hatte es von Anfang an schwer. Schon mit 4 Monaten die erste schwere OP, darauf folgten leider noch einige mehr. Korrektur der Patellaluxation, die nötig wurde, weil durch sein total verkrümmtes Bein die Kniescheibe nicht mehr vernünftig saß. Noch im Züchterhaushalt hat er sich ein Bein gebrochen. Und weil die Tierärztin den Bruch nicht erkannte, blieb er unversorgt. Meine Berliner Tierärzte entdeckten den Bruch sofort. Mein Bärchen hatte es schwer und wahrscheinlich wuchs er mir auch deshalb so sehr ans Herz. Er war mein kleiner Bruchpilot, wie meine Berliner Tierärzte ihn nannten. Und dennoch behielt er sein sonniges Gemüt. Vielleicht habe ich zu lange gewartet, das vermag ich nicht zu sagen. Ich konnte es nicht mehr mitansehen, wie er sich gequält hat. Als er nicht einmal mehr die Rampe nutzen konnte, um aufs Sofa zu kommen, da war für mich klar, dass es jetzt an der Zeit war. Bis in meine Träume hat es mich verfolgt, noch Monate danach. Ich bin Realist und glaube nicht an ein Leben nach dem Tod und an die Regenbogenbrücke, die ja nur Trost spenden soll und das Hirn vernebelt. Denn das wissen, dass danach nichts ist, macht manchen Menschen zu schaffen. Dennoch lebt Sam weiter. Denn was tief im Herzen verwurzelt ist, kann man nicht durch den Tod verlieren. Frei nach Goethe.
